Benjamin Scharf VHS

Blogpost: VHS-Kurs: „Präsenz zeigen – ihr starker Auftritt“

Bens TNG-interner Blogpost
VHS-Kurs: „Präsenz zeigen – ihr starker Auftritt“ […]

29. Juli 2016
(editiert von Martina Schäfer)


Zugegeben, als ich die Idee präsentiert bekam, an einem Volkshochschulkurs zur Weiterentwicklung meiner Persönlichkeit teilzunehmen, kamen in mir erstmal die üblichen Klischees auf:

  • was für Hausfrauen über 50
  • unterbezahlte Trainer, die sonst keine Arbeit finden
  • Kurse wie Qi Cong oder die Feldenkrais-Methode (wink)

Aber erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt.

So stand ich an einem Freitag Abend 19:30 Uhr in einer Gruppe voller Kommunikationstrainer, Marketingverantwortlicher, Unternehmensberater, Jobcoaches, Projektleiter (12 Personen) und einem Trainer namens Carsten Schleuß [1], der Schauspieler, Fotograf, Einzelshandelskaufmann und irgendwie auch ein bisschen Überlebenskünstler war und ist.

Ein bisschen Background zum Thema

Albert Mehrabian führte 1971 mit ca. 50 Versuchsteilnehmern Kommunikationsexperimente durch, bei dem er die gleichen Wörter immer wieder mit verschiedenen Stimmen und Optik sagen ließ. Grob vereinfacht, kam er zu dem Schluss, dass die Wirkung der Person durch

  • Optik: 55 %
  • Stimme 38 %
  • Inhalt 7 %

( Am Telefon : Stimme: 87 % / Inhalt: 13 % )

bestimmt wurde. Dass diese Ergebnisse auch oft falsch oder zu extrem interpretiert werden, kann man unter [2] nachlesen.

Ingesamt kennt bestimmt jeder Mensch die typische Situationen:

  • Wieso habe ich mir diesen (Handy)-Vertrag aufschwatzen lassen?
  • Wieso glaube/traue/wähle ich diesen Politiker, obwohl ich seine Kompetenzen doch überhaupt nicht einschätzen kann (ich nenne das etwas abfällig den Guttenberg-Effekt)?
  • Warum sind die erfolgreichsten Professoren nicht die, die die herausragendsten Ergebnisse finden, sondern die, die sie auch einem allgemeinen Publikum zugänglich machen können?

Das war und ist immer wieder Anlass für mich, sich mit den nicht-inhaltlichen Themen der Kommunikation und des Auftretens zu beschäftigen.

Ablauf des Seminars

Nach der üblichen kurzen Vorstellung des Trainers und der auch bei TNG-Workshops inzwischen üblichen „Was wünsche ich mir vom Workshop“-Runde stiegen wir direkt in eine erste Spielerunde ein. Mal im Kreis, mal zu zweit, mal in der ganzen Gruppe übten wir Einzelaspekte des persönlichen Auftritts

  • wie halte ich Blickkontakt?
  • wie stehe ich sicher?
  • wie gehe ich mit Situationen um, in denen ich nicht weiß, was ich sagen/antworten soll?
  • wie komme ich zur Ruhe und entspanne trotz Stress?
  • wie wirke ich präsent vor einer Gruppe?
  • wie werde ich in Diskussionen gehört?

Im Folgenden gebe ich ein bisschen Einblick in die einzelnen Übungen

Die erste Übung – Assoziieren
Eigentlich ganz simpel:
  1. Die Gruppe steht im Kreis
  2. Person A sagt ein Wort und gibt es an Person B weiter (Blickkontakt, Gestik, …)
  3. Person B wiederholt das Wort und nennt nachfolgend ein weiteres Wort, das sie mit dem ersten Wort assoziiert. Sie gibt dieses Wort an Person C weiter (Blickkontakt, Gestik)
  4. usw.
Was wird geübt?
  • Den Blickkontakt und die Präsenz in der Gruppe auch dann zu halten, wenn einem nicht sofort ein neues Wort einfällt
    • man neigt doch schnell dazu, aus seiner Haltung zu fallen, wenn man nachdenkt (wink) Mit dem Abwenden des Blickes und des Körpers verliert man die Präsenz
  • Durch die Wiederholung des Wortes der vorherigen Person verschafft man sich Zeit zum Nachdenken
    • eines der Lieblingsmittel im Vertrieb: „Verstehe ich sie richtig, dass sie sich folgendes wünschen/fordern/sehen…?“
    • Kernidee: Die Pause des Nachdenkens mit Inhalt füllen.
  • Weiter atmen lernen
Für den Alltag

Versucht mal, beim Bäcker, an der Käsetheke, im Restaurant Blickkontakt mit der Bedienung zu halten – das gesamte Gespräch über.

Die härteste Übung für mich – Mein Auftritt
Wieder ganz simpel:
  1. Die Gruppe sitzt in einer Reihe
  2. Einer aus der Gruppe geht hinter eine Pinnwand und sammelt sich
  3. Er tritt hervor, sucht sich einen sicheren Standpunkt in dem für ihn passenden Abstand
  4. Ohne zu reden, steht man da, Blickkontakt zum Auditorium suchend
  5. Nach einer Weile (ca. 20 Sekunden, die viel länger wirken) gibt der Moderator ein Zeichen
  6. Daraufhin begrüßt man die Gruppe und stellt sich vor: „Guten Tag, meine Name ist …“
Was wird geübt?
  • Weiter Atmen (wink)
  • Richtige Wirkung
  • guter Blickkontakt, der allen Anwesenden das Gefühl gibt, beteiligt zu sein
  • eine Begrüßung und seinen Namen sauber und verständlich wiederzugeben, in einer Weise, die zum körperlichen Auftreten passt
  • Ruhe bewahren vor ungewohnten Situation (bei mir: ordentlicher Herzschlag (wink))
Für den Alltag

Versucht mal, darauf zu achten, wie ihr euren eigenen (vollen) Namen aussprecht und wie das beim anderen ankommt. Kann man da was verbessern?

Meine Lieblingsübung – Sich durchsetzen in einer Gruppe
Und wieder simpel:
  1. Alle sitzen in einem Stuhlkreis, als fiktive Mitarbeiter einer Firma
  2. Jeder wählt ein gewünschtes Ausflugsziel für den Firmenausflug – aber jeder ein anderes
  3. Man versucht, sein Ausflugsziel in der Gruppe durchzusetzen
  4. Alle rhetorischen Mittel sind erlaubt
Was wird geübt?
  • Die erste Runde war das absolute Chaos:
    • Fiese Tricks unter der Gürtellinie
    • lautes Überstimmen und Durcheinander rufen
    • einige Teilnehmer, die sich schnell aufgaben
    • kein Konsens
  • Danach gibt der Moderator einige Tipps und man probiert das Ganze nochmal. Einige Tricks:
    • Suche Konsens und Koalitionen mit einigen Personen
    • Äußere Wunsch/Bitte (das bekannte „Jetzt lassen sie mich doch mal ausreden“)
    • Blickkontakt erzwingen und damit Aufmerksamkeit einer Person bekommen
    • und vor allem auch: Seine Rede durchziehen und nicht stoppen (gegebenenfalls lauter)
Für den Alltag

Talkshows, Talkshows, Talkshows. Immer wieder spannend zu sehen – welche Mittel nutzen insbesondere Politiker, um in einer Runde zu Wort zu kommen? Was kommt gut an, was schlecht? Was ist fair, was ist unfair?

[….]

Quellen:

[1] http://www.active-seminare.de/

[2] https://www.quora.com/Is-Albert-Mehrabians-7-38-55-rule-Verbal-Vocal-Visual-or-7-93-rule-Verbal-Nonverbal-still-valid-in-human-communication

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