Blogpost: Meetings, die vom Ziel abdriften

Bens TNG-interner Blogpost
Meetings, die vom Ziel abdriften

9. Dezember 2019
(editiert von Mathias Arens)


Vor kurzem hatte ich ein Refinement-Meeting mit etwa 10 Personen (Entwickler zweier Teams, UX Team, QA, Agilist, Team Lead)

Ziel des Meetings war es,

  • 3 verschiedene Optionen zu refinen,
  • deren Aufwand zu schätzen (in Form von Punkten für Team 1 und T-shirt Size für Team 2, aber dieses Konstrukt ist ein Thema für sich)
  • und damit eine Entscheidungsgrundlage für das Gespräch mit den Stakeholdern zu liefern, 
    • das aufgrund knapper Zeitlage (Weihnachtsgeschäft) am nächsten Tag geplant wurde

Für das Meeting hatten wir 1 Stunde eingeplant.

Nach 50 Minuten befand ich mich in der Situation, dass zwar alle Optionen vorgestellt worden waren (eigentlich waren sie das schon vor dem Meeting) und im Detail diskutiert worden waren – wir aber noch weit weg davon waren, eine Einschätzung zum Aufwand zu finden.

Das Meeting driftete dagegen ab in eine generelle Diskussion zu den Themen:

  • Was ist die Rolle von UX
    • Darf ein PO […] mit Stakeholdern alleine entscheiden, welcher Vorschlag gebaut werden soll oder hat UX ein Veto-Recht?
    • Was ist, wenn UX ein Feature in schön möchte, PO und Stakeholder […] aber ein Release in diesem Jahr für „wertvoller“ hält?
  • Welche von den 3 Varianten favorisiert XY
  • Was ist bei dem Feature bereits alles schief gelaufen in der Kommunikation […].

Frage an euch:

  • Wie hättet ihr in dieser Situation als PO reagiert?
  • Wie hättet ihr in dieser Situation als Agilist (Scrummaster) reagiert?

Später gibt es dann die „Auflösung“

  • was habe ich als PO getan?
  • wie ging es weiter?
  • was würde ich nach einigen Tagen Nachdenken (anders) formulieren?

Auflösung:

Was habe ich als PO getan?

  • zwei Mal die Frage gestellt „What prevents us from doing an estimation?“ – was wiederum 2x in eine Rollendiskussion abdriftete
  • Nach 50 Minuten hatte ich dann wirklich „Die Schnauze voll“ ? Dann kam der Ausspruch (auf den ich nicht stolz bin): „Either, we are now going to estimate the 3 options or I am ending the meeting“ 

Wie ging es weiter?

  • Daraufhin gab es Stille im Raum und jemand fragte in etwa „What’s blocking you guys from providing an estimation?“ 
  • Innerhalb von 10 Minuten wurden dann alle 3 Optionen geschätzt
  • am Ende wurde sich auf die mittlere Option geeinigt, nachdem klar wurde, dass keine der 3 Optionen noch dieses Jahr released werden kann, und die favorisierte Version von UX mehrere Risiken beinhaltet
    • Stakeholder […] waren nicht happy, haben es aber hingenommen
  • danach folgten längere persönliche Gespräche mit verschiedenen Teilnehmern des Meetings. 
    • ein Action-Item ist, dass wir per Feature (insbesondere mit mehreren Releases) Feature-Retros durchführen.
  • Mit einem anderen Teilnehmer hab ich bis heute keinen Austausch zum Meeting gehabt. Dafür hat der Techlead mit ihm geredet. Ich hoffe mal, dass er bald Zeit für mich findet.
  • Das Thema Rollenverständnis UX ? PO wird inzwischen Team-übergreifend diskutiert.

Was würde ich nach einigen Tagen Nachdenken (anders) formulieren?

Ich glaube schon, dass es in der Situation wichtig und richtig war, die Karten auf den Tisch zu legen. Eine Vermeidung des Konfliktes oder ein „Ich nehme die komplette Frustration auf mich“ wäre nicht sinnvoll gewesen.

Gleichzeitig ärgere ich mich über die viel zu kurze und unsaubere Formulierung. Viel besser wäre etwa folgende Kette gewesen:

„We have 10 minutes left and I know that we cannot prolong the meeting today. Let me ask you straight: Is there something that really blocks us to give an estimation for the talks with the Stakeholders? If not, let’s estimate now. If there are, then let’s end the meeting here and discuss in a smaller round“

Als Notiz am Rande:

Es ist nicht so leicht greifbar, wie viel ein Remote Setup kostet. Schätzungen anderer Consulting-Unternehmen sprechen von 30% Produktivitäts-Verlust, wenn eine Person nicht am gleichen Ort ist.

Hier in dem Beispiel bin ich zu 100% sicher, dass die lausige Verbindungs-Qualität dazu beigetragen hat, die Emotionen hochzuschaukeln und verkürzende Sätze provoziert.

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